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Beschrei­bung des Berg­bau­es am Ram­mels­ber­ge bei Gos­lar

von Hein­rich Ahrend, Königl. Han­no­ver­schem und Her­zogl. Braun­schweig­schem Ober­berg­meis­ter

Zu dem Feu­er­set­zen bedient man sich des fich­te­nen Kluft­hol­zes, wel­ches, wenn es zu Förs­ten­brän­den ver­wen­det wer­den soll, in Stö­ßen so auf­ge­schich­tet wird, daß in jeder Rei­he nur 4 Klüf­te neben ein­an­der zu lie­gen kom­men. Zwei oder drei sol­cher Stö­ße, die in Zwi­schen­räu­men von 2 bis 3 Fuß neben ein­an­der gestellt wer­den, nennt man einen Brand. Nach der Ver­ord­nung dür­fen die­se Stö­ße nie höher als 60 Zoll sein und müs­sen so hohe Unter­la­gen erhal­ten, daß sie bis unter die Förs­te rei­chen, wozu man Erz­stü­cke, die sich schwer zer­schla­gen las­sen, gebraucht; durch die Hit­ze erhal­ten sie Ris­se und las­sen sich als­dann leicht ver­ar­bei­ten. Zwi­schen die unters­ten Schich­ten der Stö­ße wer­den Split­tern und Spä­ne gelegt, um das schnel­le­re Anbren­nen zu beför­dern.

Soll ein Sei­ten­brand gesetzt wer­den, so legt man auf die Erz­stü­cke der Län­ge nach Holz­klüf­te, Split­tern und Spä­ne und auf die­se stellt man das Holz in zwei oder drei Abt­hei­lun­gen, drei bis fünf Klüf­te hin­ter ein­an­der, schräg gegen die Stros­se.

Der Feu­er­wäch­ter mit sei­nem Gehil­fen steckt des Sonn­abends früh von 8 bis 12 Uhr die Brän­de nach und nach an und war­tet, bis sie nie­der­ge­brannt sind, wel­ches gewöhn­lich in ½ Stun­de der Fall ist. Nur sol­che Brän­de dür­fen zugleich ange­steckt wer­den, die auf einer Soh­le lie­gen, oder sol­che, wovon der Rauch nach ver­schie­de­nen Wet­ter­schäch­ten gelei­tet wird.

Wenn die Brän­de ange­steckt sind, so wird durch die Flam­me die äuße­re Flä­che des Erzes schnell erhitzt, wäh­rend das inne­re Erz noch kalt bleibt, wodurch ein Absprin­gen in Scha­len von 2 bis 8 Zoll Stär­ke bewirkt wird. Ist das Erz feucht, so erfolgt die­ses zugleich durch die ent­wi­ckel­ten Dämp­fe.

Bleibt Erz in losen Stü­cken an der Förs­te oder Sei­te sit­zen, so wer­den die­sel­ben mit Stoß­ei­sen, die 12 Zoll lang und an einer Stan­ge befes­tigt sind, und mit Brech­stan­gen, die eine gestähl­te Spit­ze und einen gestähl­ten Zie­gen­fuß haben, in der nächs­ten Mon­tags­schicht von den Erz­ar­bei­tern los­ge­bro­chen und nebst den übri­gen gewon­ne­nen Erzen mit einem gro­ßen, 12 bis 14 Pfd. schwe­ren Fäus­tel in Stü­cke von 3 bis 4 Zoll Län­ge und Brei­te und 3 Zoll Dicke zer­schla­gen. Der gewon­ne­ne Brand­staub wird auf eine tro­cke­ne Stel­le gebracht.

Zu einem Bran­de gebraucht man ¾ bis 1¼ Mat­ter Brand­holz. Die Wir­kung hier­von ist sehr ver­schie­den und kann von 5 Scher­ben bis zu 2 Trei­ben betra­gen. Im Durch­schnit­te kann man rech­nen, daß von einem Förs­ten­bran­de 20 Scher­ben und von einem Sei­ten­bran­de 9 bis 10 Scher­ben, gro­bes Erz (Stuf­ferz) erfolgt.

Man setzt die Brän­de ent­we­der mit dem Strei­chen der Erze, oder mit dem der Stein­schei­den, indeß ist noch nicht aus­ge­mit­telt, wel­ches Ver­fah­ren am vort­heil­haf­tes­ten ist, wahr­schein­lich das ers­te­re.

Zu dem Anste­cken der Brän­de gehört eine genaue Kennt­niß des Wet­ter­zu­ges, wes­halb der Feu­er­wäch­ter ein dar­in erfah­re­ner Berg­mann sein muß.

Durch das Öff­nen und Zuma­chen der Spun­de (Wet­tert­hü­ren) ist man im Stan­de, die Wet­ter dahin zu lei­ten, wohin man sie haben will. Der Rauch von den Brän­den zieht in den vier Haupt Wet­ter­schäch­ten, die zu Tage aus­ge­hen, ab und wird den­sel­ben durch Wet­ter­ör­ter und inwen­di­ge Wet­ter­schäch­te zuge­führt.

Des Mon­tags früh vor dem Anfah­ren der Berg­leu­te, wel­ches wegen des in der Claus­kir­che abzu­hal­ten­den Got­tes­diens­tes erst nach 8 Uhr geschieht, muß der Feu­er­wäch­ter mit dem Kunst­knech­te die Stel­len nach­se­hen, wo am Sonn­abend Brän­de gestan­den haben und die etwa noch glim­men­den Koh­len und die in Brand gera­the­nen klei­nen Erz­stü­cke aus­gie­ßen.

Sobald eine Wei­te durch das Feu­er­set­zen am Hang­en­den eine bogen­för­mi­ge Gestalt ange­nom­men hat, hört die Wir­kung auf, und die an der Soh­le ste­hen­den Ecken, die man Stros­sen nennt und gewöhn­lich ⅝ Lach­ter hoch und ⅜ Lach­ter dick sind, müs­sen mit Boh­ren und Schie­ßen gewon­nen wer­den, wozu man Geding­ar­bei­ter gebraucht. Wenn eine Wei­te mit Feu­er­set­zen höher gebracht wird, so ent­ste­hen auch Stros­sen am Lie­gen­den, wel­che gleich­falls durch Geding­ar­bei­ter weg­ge­schos­sen wer­den.

Frü­her wur­den die Erze am Lie­gen­den unter­schos­sen, was man jetzt nicht mehr thut.

Seit dem Jah­re 1818 hat man das Feu­er­set­zen wegen des Holz­man­gels sehr ver­min­dert und den Grund­satz fest­ge­stellt, daß nur da Brän­de gesetzt wer­den dür­fen, wo ein erheb­li­cher Nacht­heil bei der Gewin­nung der Erze mit Boh­ren und Schie­ßen sein wür­de. Vor 1818 betrug der Holz­ver­brauch jähr­lich 2300 Mal­ter, jetzt aber, wo wöchent­lich nur 8 bis 12 Brän­der gesetzt wer­den, beträgt der­sel­be etwa 520 Mal­ter.

Im Jah­re 1819 wur­den Ver­su­che gemacht, Brän­de mit Torf aus dem Rothen­bru­che zu set­zen, die aber schlecht aus­fie­len. Die von den Torf­brän­den erhal­te­nen Flam­men waren zu kurz und der Torf wur­de, sobald das Erz her­ab­fiel, aus ein­an­der gewor­fen, wodurch die Wir­kung der Brän­de sogleich auf­hör­te. Nach den damals auf­ge­stell­ten Berech­nun­gen hät­te das zu Unter­la­gen und zum Anste­cken der Torf­brän­de ver­brauch­te Holz, wenn es allein ver­brannt wäre, mehr Erz gelie­fert, als der Erfolg der Torf­brän­de war.

Auch mit Waa­sen hat man im Jah­re 1831 ver­sucht, Brän­de zu set­zen, was gleich­falls ungüns­tig aus­fiel. Es waren 10 Schock Knüp­pel­w­aa­sen zu die­sem Zwe­cke ange­lie­fert, wovon man 4 Schock 10 Stück zu zwei Brän­den, die auf der Gru­be Nach­ti­gall gesetzt wur­den, ver­brauch­te. Der vor­züg­lichs­te Grund der gerin­gen Wir­kung der­sel­ben lag in der unglei­chen Stär­ke der Knüp­pel; die dün­nen brann­ten zu geschwind und ohne Wir­kung weg und die ein­zel­nen noch bren­nen­den Knüp­pel gaben kei­ne hin­läng­lich gro­ße Flam­me mehr, wes­halb man die Ver­su­che nicht wei­ter fort­setz­te und die übri­gen noch vor­räthi­gen Waa­sen in den Woh­nun­gen der Offi­ci­an­ten ver­brauch­te.

Wegen der theil­wei­se gro­ßen Fes­tig­keit der Erze und um die Wär­me im Ram­mels­ber­ge vor­züg­lich auf den obe­ren Bau­en zu erhal­ten, wo Kup­fer­rauch gewon­nen wird, der sich in der Käl­te und der damit ver­bun­de­nen Feuch­tig­keit auf­löst, ist es nöthig, das Feu­er­set­zen in der jet­zi­gen Aus­deh­nung bei­zu­be­hal­ten und die Spreng­ar­beit nicht wei­ter aus­zu­deh­nen.

In frü­he­ren Zei­ten muß­ten 2 Erz­ar­bei­ter in 2 Wochen ein Trei­ben Erz gewin­nen und erhiel­ten hier­zu 2 ²∕₃ Mal­ter Brand­holz, wel­ches sie nach Belie­ben ver­wen­den konn­ten. In den Wei­ten, wo die Erz­ge­win­nung schwie­rig war oder wo die Brän­de wenig wirk­ten, wur­de noch ein Knecht oder ein Erz­ar­bei­ter zum Boh­ren und Schie­ßen zuge­ge­ben. Man arbei­te­te damals bei Tage und bei Nacht. Mon­tags früh wur­de von dem Pre­di­ger der Fran­ken­ber­ger Kir­che in der Claus­kir­che von 6 bis 7 Uhr eine Bet­stun­de gehal­ten, um 8 Uhr ange­fah­ren und bis 1 Uhr incl. des Ein- und Aus­fah­rens gear­bei­tet. An den fol­gen­den 4 Tagen dau­er­te die Früh­schicht von des Mor­gens 5 Uhr bis Mit­tags 1 Uhr; man ging dann nach Hau­se, kam aber um 6 Uhr wie­der. Von 6 bis 7 Uhr wur­de eine Bet­stun­de im Zechen­hau­se gehal­ten, nach der­sel­ben fuh­ren die Stei­ger, Erz­ar­bei­ter und die 12stündigen Geding­ar­bei­ter ein, und schlie­fen bis 11 Uhr Mit­ter­nachts in einer mit Heu ange­füll­ten Lie­ge­stel­le, die an einem war­men Punk­te im Ram­mels­ber­ge vor­ge­rich­tet war. Sie wur­den dann von den Knech­ten, die sich so lan­ge im Zechen­hau­se auf­hiel­ten, geweckt, mach­ten bis 4 Uhr eine Neben­schicht und schlie­fen wie­der bis 5½ Uhr, wo sie von dem Stei­ger zur Früh­schicht geweckt wur­den. Am Sonn­abend dau­er­te die Früh­schicht von 5 Uhr bis 8 Uhr Mor­gens.

Von dem Jah­re 1818 an, wo die Erspa­rung des Brand­hol­zes ein­ge­führt wur­de, setz­te man den Gebrauch des­sel­ben auf die Hälf­te her­ab und bewil­lig­te den Erz­ar­bei­tern, als Ent­schä­di­gung, den Betrag der Kos­ten des erspar­ten Hol­zes, wofür sie 12 Bohr­schich­ten mach­ten.

Die Erz­ar­bei­ter, wozu auch die 5 Auf­se­her gerech­net wer­den, arbei­ten die Brän­de ab, boh­ren dann gewöhn­lich zwei­män­nisch, schla­gen die Erze in etwa 10 Pfd. schwe­re Stü­cke, rei­ni­gen den Brand­staub mit einem Klein­har­ken, des­sen Zacken einen Zoll aus­ein­an­der ste­hen und stür­zen die Erze in den Rol­len­schacht. Sie fah­ren mit den Stei­gern zu glei­cher Zeit an, machen dann ihre 6stündige Früh­schicht. Die frü­he­re Sonn­abends­schicht ist auf den Frei­tag Nach­mit­tag ver­legt, sie dau­ert nur von 4 bis 5 Uhr, wel­che Zeit jedoch voll­kom­men zum Brand­set­zen hin­reicht. Die Auf­se­her arbei­ten selbst mit, beset­zen die gebohr­ten Löcher und schie­ßen sie weg. Für die Früh­schicht erhal­ten die Erz­ar­bei­ter wöchent­lich 1 Thlr. 4 gGr. und zum Geleuch­te a Schicht 9 Loth Oel; die Auf­se­her erhal­ten wöchent­lich noch 9 gGr. für die Auf­sicht. Nach der Früh­schicht folgt eine Lie­ge­stun­de zum Essen, dann fol­gen, mit Aus­nah­me des Mon­tags, 4 stün­di­ge Neben­schich­ten, wovon jeder Arbei­ter wöchent­lich 4 bis 6 macht. Die Neben­schich­ten wer­den zur Erz­ge­win­nung (Erz­schich­ten) und zur Kniestge­win­nung ver­wen­det und pro Schicht mit 3 gGr. 6 Pf. und 7 Loth Oel bezahlt. Fehlt es an Neben­schich­ten, so wer­den die Erz­ar­bei­ter zur Gru­ben­för­de­rung mit ver­wen­det. Außer die­sen Arbei­ten ver­rich­ten sie das Brand­holz­lau­fen vom Füll­or­te in die Wei­ten, wofür a Trei­ben zu 2 ¹∕₃ Mal­ter für jede Wei­te eine der Ent­fer­nung der­sel­ben vom Füll­or­te ange­mes­se­ne Bezah­lung fest­ge­setzt ist. Auch wird ihnen eine Weil­ar­beit ver­dun­gen, womit die Erz­ar­bei­ter wöchent­lich 4 gGr. und die Auf­se­her wöchent­lich 8 gGr. ver­die­nen kön­nen.

Der Feu­er­wäch­ter gehört mit zu den 8 stün­di­gen Geding­ar­bei­tern; er muß neben sei­nem Gedin­ge am Sonn­abend von 8 bis 12 Uhr mit sei­nem Gehül­fen die Brän­de anste­cken und des Mon­tags früh gemein­schaft­lich mit dem Kunst­knech­te die von den Brän­den noch vor­han­de­nen Koh­len aus­gie­ßen und die Wet­tert­hü­ren öff­nen, damit aller noch im Ram­mels­ber­ge befind­li­cher Rauch schnell abzieht, wofür er wöchent­lich 1 Thlr. 3 gGr. 5 Pf. und 2 Pfd. 8 Loth Unschlitt erhält. Der Gehül­fe bei dem Brand­an­ste­cken erhält wöchent­lich 6 gGr. 10 Pf. und 10 Loth Oel und der Kunst­knecht für die Hül­fe bei dem Aus­gie­ßen 6 gGr. 10 Pf. und 28 Loth Oel.

aus Zscho­cke, Karl & Preu­schen, Ernst (1932): Das urzeit­li­che Berg­bau­ge­biet von Mühl­bach-Bischofs­ho­fen. – Mate­ria­li­en zur Urge­schich­te Öster­reichs Band 6; S. 250 – 252; Wien.
aus Berg- und hüt­ten­män­ni­sche Zei­tung [Frei­berg] 1854; Aus­zug der auf das Feu­er­set­zen bezüg­li­chen Stel­len.