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Mit Erz­trog und Gru­ben­hunt – Ehr­wal­der Berg­knap­pen schür­fen nach Erzen

Unterbau-Stollen des Hermann Dudek im Igelskar
Unter­bau-Stol­len des Her­mann Dudek im Igels­kar

Berg­bau war für zahl­rei­che Ehr­wal­der in den ver­gan­ge­nen 500 Jah­ren immer wie­der ein wich­ti­ger Erwerbs­zweig. An der Son­nen­spit­ze, am Taja­kopf, Igels­kopf, Brei­ten­kopf, im Brendl­kar und am Brendl­see gab es Vor­kom­men von sil­ber­rei­chen Blei- und Zink­er­zen („Gal­mei“), die in und um Ehr­wald ver­hüt­tet wur­den. Blei­oxi­de ver­wen­de­ten Ehr­wal­der Töp­fe­rei­en im 16. und 17. Jahr­hun­dert für Gla­su­ren, Zink brauch­te man für die Mes­sin­ger­zeu­gung sowie Zink­weiß­far­ben und die Blei­er­ze fan­den in den gro­ßen deut­schen und tiro­ler Blei­hüt­ten Ver­wen­dung, wo sie unter ande­rem der Sil­ber­ge­win­nung dien­ten.

Auf der Immenplat­te bestan­den spä­tes­tens ab dem 16. Jahr­hun­dert Berg­wer­ke, von denen eini­ge zeit­wei­se dem Nürn­ber­ger Gewer­ken Dr. Georg Kand­ler gehör­ten, und im 17. Jahr­hun­dert betrie­ben Schwa­zer Gewer­ken dort den Berg­bau St. Anna. Klei­ne­re, unbe­deu­ten­de­re Stol­len mit bis zu 8 Metern Län­ge befin­den sich west­lich des Seeben­sees. Im Brendl­kar gab es bis vor 30 Jah­ren einen offe­nen Schacht, der zum Berg­werk des Georg, Domi­nik und Tho­mas Krän­bi­ther aus dem 17. Jahr­hun­dert gehört hat­te. Dort wur­de noch hän­disch mit Schlä­gel, Stuff­ei­sen (eine Art Mei­ßel) und Berg­ei­sen (Spitz­ha­cke des Berg­man­nes) gear­bei­tet und das Erz in die Erz­trö­ge gekratzt.

Am bedeu­tends­ten für Ehr­wald war der Berg­bau im Igels­kar, der vie­len Ein­hei­mi­schen und Urlaubs­gäs­ten zumin­dest aus der Fer­ne bekannt ist, denn schon vom Igel­see aus zei­gen sich die wenig bewach­se­nen Berg­bau­hal­den. Stol­len und Schäch­te lie­gen auf 1475 Höhen­me­ter („Her­mann Stol­len“), 1650 Höhen­me­ter (das 4 Meter tie­fe „Wel­sche Loch“), 2040 Höhen­me­ter an der Brei­ten­kopf­hüt­te („Ober­bau­stol­len“) und 2060 Höhen­me­ter. Mög­li­cher­wei­se begann der Erz­ab­bau im 16. Jahr­hun­dert, wie an vie­len ande­ren Orten in Tirol. Sei­ne letz­te Blü­te erleb­te der Ehr­wal­der Berg­bau and der Wen­de vom 19. zum 20. Jahr­hun­dert. 1894 erwarb die Fir­ma Josef Her­mann Dudek Söh­ne aus Bernsdorf/Oberlausitz und Dres­den-Bla­se­witz die Abbau­rech­te im Igels­kar. Am 15. Sep­tem­ber 1900 began­nen die Berg­leu­te damit, die Lager­stät­te zu erschlie­ßen. Dazu trie­ben sie ca. 250 Höhen­me­ter unter­halb der Erz­vor­kom­men den etwa 1000 Meter lan­gen Her­mann Stol­len in den dort vor­kom­men­den Wet­ter­stein­kalk vor. 1909 gelang die Ver­bin­dung zum höher gele­ge­nen Stol­len an der Bei­ten­kopf­hüt­te, nach­dem etwas mehr als 1100 Meter hori­zon­ta­le und ver­ti­ka­le Stre­cken auf­ge­fah­ren wor­den waren. Auch für den Win­ter­sport in Ehr­wald lie­fer­te der Berg­bau im Igels­kar einen Schub, denn der Betriebs­lei­ter Ing. Sei­fert lies sei­ne Berg­leu­te mit Ski­ern aus­rüs­ten, um ihnen die An- und Abfahrt zum Berg­werk zu erleich­tern. Noch heu­te lie­gen im Her­mann Stol­len Glei­se und zer­fal­le­ne Gru­ben­hun­te, wel­che die Berg­leu­te als Trans­port­wa­gen zur För­de­rung des Erzes und Gesteins ver­wen­de­ten. Die Fir­ma Dudek gehör­te zum dama­li­gen Zeit­punkt zu den ange­se­hends­ten deut­schen Zink­weiß­fa­bri­kan­ten mit Pro­duk­ti­ons­stät­ten in der heu­ti­gen Tsche­chi­schen Repu­blik und in Sach­sen. Max Dudek, der Sohn des Her­mann Dudek, war dar­über hin­aus Vor­sit­zen­der des Ver­ban­des deut­scher Zink­weiß­far­ben.

Wel­che Men­gen an Erz die Fir­ma Dudek aus dem 18 Hekt­ar gro­ßen, vier Gru­ben­ma­ße umfas­sen­den Berg­werk zwi­schen 1900 und dem Ende des Abbaus 13 Jah­re spä­ter för­der­te, ist nicht bekannt. Trotz eines Zink­ge­halts von 45—55 % arbei­te­te der Berg­bau­be­trieb ver­mut­lich nie wirt­schaft­lich, denn weder die geplan­te Mate­ri­al­seil­bahn noch die Erz­auf­be­rei­tung am Geiß­bach wur­den, anders als die Hoch­span­nungs­lei­tung, jemals gebaut.

Eini­ge Ehr­wal­der Berg­knap­pen (dar­un­ter Mathi­as und Josef Hosp, Franz Schen­nach und Tho­mas Stei­ner) arbei­te­ten bis 1921 im Blei- und Gal­mei­berg­werk der Gewerk­schaft Sil­ber­lei­ten in Biber­wier. Einen vor­erst letz­ten Ver­such, Erz im Igels­kar abzu­bau­en, wag­ten im Jah­re 1925 Edu­ard Hosp und Nico­laus Bader, der in Biber­wier zeit­wei­lig auch nach Gold gesucht hat­te.

Chris­ti­an Wol­kers­dor­fer 26. April 2007